10.3 Monotonie und Beschränktheit

10.3.1 Definition (Monotonie von Funktionen). Wir nennen eine Funktion f : D → ℝ

  • monoton wachsend, falls  f(x1) ≤ f(x2)  für alle x1,x2 ∈ D mit x1 < x2.
  • streng monoton wachsend, falls  f(x1) < f(x2)  für alle x1,x2 ∈ D mit x1 < x2.
  • monoton fallend,   falls  f(x1) ≥ f(x2)  für alle x1,x2 ∈ D mit x1 < x2.
  • streng monoton fallend,   falls  f(x1) > f(x2)  für alle x1,x2 ∈ D mit x1 < x2.

10.3.2 Beispiel.

1.
Konstante Funktionen sind sowohl monoton wachsend, als auch monoton fallend. Sie sind aber nicht streng monoton wachsend oder streng monoton fallend. In der Tat sei a ∈ ℝ eine reelle Zahl. Wir betrachten die konstante Funktion
f : ℝ→  ℝ,x ↦→ a
Dann gilt für alle reelle Zahlen x1 < x2:
  • f(x1) = a ≤ a = f(x2). Also ist f monoton wachsend.
  • f(x1) = a ≥ a = f(x2). Also ist f monoton fallend.

Die Funktion f ist aber weder streng monoton wachsend, noch streng monoton fallend, da niemals a < a oder a > a gelten kann.

2.
Die Wurzelfunktion
               √ -
f :ℝ ≥0 → ℝ,x ↦→  x
ist streng monoton wachsend, denn für zwei nicht-negative reelle Zahlen x1 < x2 gilt
       √ --  √ --
f(x1)=   x1 <  x2 = f(x2)
3.
Die Funktion
                  1
f :ℝ∖ {0}→  ℝ,x ↦→ --
                  x
hat keine der in Definition 10.3.1 genannten Eigenschaften, denn es gilt:
  • f ist nicht monoton fallend, da −1 < 1 aber f(−1) = −1 < 1 = f(1).
  • f ist nicht monoton wachsend, da 1 < 2 aber f(1) = 1 > 1
2 = f(2).

Insbesondere ist f auch nicht streng monoton fallend oder streng monoton wachsend. Der Graph von f könnte einen aber vermuten lassen, dass f monoton fällt.

In der Tat ist f auf den Mengen ℝ<0 und ℝ>0 jeweils streng monoton fallend. Das heißt, die Funktionen

                1-
f1 :ℝ <0 → ℝ,x ↦→ x
und
f2 :ℝ >0 → ℝ,x ↦→ 1
                x
sind streng monoton fallend, die Funktion f selbst aber nicht.
4.
Die Funktion
              (
              {  2           falls x≤ 2
f : ℝ → ℝ, x↦→ (        3
                 (x− 2) + 2  falls x≥ 2
ist zwar monoton wachsend, aber nicht streng monoton wachsend

10.3.3 Definition (Beschränktheit von Funktionen). Eine Funktion f : D → ℝ heißt

  • nach oben beschränkt, falls es eine reelle Zahl S ∈ ℝ gibt, so dass  f(x) ≤ S  für alle x ∈ D. Wir nennen jedes solche S eine obere Schranke von f.
  • nach unten beschränkt, falls es eine reelle Zahl s ∈ ℝ gibt, so dass  f(x) ≥ s  für alle x ∈ D. Wir nennen jedes solche s eine untere Schranke von f.
  • beschränkt, falls sie nach oben und nach unten beschränkt ist.
  • unbeschränkt, falls sie nicht beschränkt ist.

10.3.4 Definition (Spezielle Schranken). Es sei f : D → ℝ eine Funktion.

  • Ist f nach oben beschränkt, so nennen wir eine Zahl S ∈ ℝ das Supremum von f, falls S die kleinste obere Schranke von f ist. Das heißt, wenn gilt
    1.
    f(x) ≤ S  für alle x ∈ D.
    2.
    Ist T ∈ ℝ eine weitere reelle Zahl mit f(x) ≤ T  für alle x ∈ D, so folgt S ≤ T .

    Wir schreiben dann

    supf(D ):=  sux∈pD f(x):=  S
    Nimmt die Funktion f ihr Supremum auch an, das heißt gibt es ein a ∈ D mit f(a) = S, so nennen wir S das Maximum von f. Zudem bezeichnen wir a dann als eine Maximalstelle von f. In Zeichen:
    max f(D) := max∈xD f(x):= f(a)
  • Ist f nach unten beschränkt, so nennen wir eine Zahl s ∈ ℝ das Infimum von f, falls s die größte untere Schranke von f ist. Das heißt, wenn gilt
    1.
    f(x) ≥ s  für alle x ∈ D.
    2.
    Ist t ∈ ℝ eine weitere reelle Zahl mit f(x) ≥ t  für alle x ∈ D, so folgt s ≥ t.

    Wir schreiben dann

    inff(D ):= xin∈fDf (x) := s
    Nimmt die Funktion f ihr Supremum auch an, das heißt gibt es ein a ∈ D mit f(a) = s, so nennen wir s das Minimum von f und a eine Minimalstelle von f. In Zeichen:
    min f(D) := min f(x):=  f(a)
           x∈D

Des Weiteren definieren wir der Vollständigkeit halber:

  • supf(D) := supx∈Df(x) := ∞, falls f nicht nach oben beschränkt ist
  • inff(D) := infx∈Df(x) := −∞, falls f nicht nach unten beschränkt ist

Das Maximum existieren nicht, wenn f nach oben unbeschränkt ist. Das Minimum existieren nicht, wenn f nach unten unbeschränkt ist.

10.3.5 Beispiel.

1.
Es sei a ∈ ℝ eine reelle Zahl. Wir betrachten die konstante Funktion
f : ℝ→  ℝ,x ↦→ a
Da a der einzige von f angenommene Funktionswert ist, ist a sowohl eine untere als auch eine obere Schranke. In der Tat ist a sogar kleinste obere und größte untere Schranke zugleich. Das heißt es gilt
supf(x)= a = ixn∈fℝf(x)
x∈ℝ
Da f diesen Funktionswert auch annimmt, gilt des Weiteren
max∈xℝ f(x)= a = mxi∈nℝ f(x)
2.
Die Sinus-Funktion
sin : ℝ → ℝ,x↦→  sin(x)
nimmt genau die Zahlen im Intervall [−1,1] an. Das heißt, der Sinus ist sowohl nach oben, als auch nach unten beschränkt. Genauer gesagt ist −1 Infimum und Minimum der Sinus-Funktion zugleich; 1 ist Supremum und Maximum.
3.
Wir betrachten nun die quadratische Funktion
g: ℝ →  ℝ,x↦→  (x− 3)2+ 2
Da das Quadrat einer reellen Zahl immer ≥ 0 ist, gilt für die Funktionswerte:
              2
g (x)  =  (x − 3) + 2 ≥  0 +2  =  2
Das heißt, 2 ist eine untere Schranke von g. In der Tat nimmt g diesen Wert an der Stelle 3 sogar an.
g(3)  =  (3 − 3)2+ 2 =  0 + 2 =  2
Das bedeutet, 2 ist Minimum (und Infimum) von g. Da g aber nach oben unbeschränkt ist, gilt supx∈Dg(x) = ∞. Das Maximum existiert nicht.

Im Bild unten (linkes Koordinatensystem) ist der Graph von g zusammen mit der unteren Schranke 2 skizziert.

4.
Betrachten wir nun die Funktion
                     1
h:ℝ ∖{0} → ℝ, x↦→  (x−-3)2 + 2
Die Funktionswerte von h sind alle > 2, kommen für x →∞ und x →−∞ aber beliebig nahe an 2 heran. Demnach ist 2 das Infimum von h. Das Minimum existiert nicht. Da h unbeschränkt ist, existiert auch kein Maximum. Das Supremum ist gleich ∞.

Im Bild unten (rechtes Koordinatensystem) ist der Graph von h zusammen mit der unteren Schranke 2 skizziert.

10.3.6 Aufgabe.

1.
Untersuche die Folgenden Funktionen auf Monotonie und Beschränktheit:
(a)
f :  ℝ → ℝ,x↦x
(b)
f :  ℝ → ℝ,x↦x2
(c)
f :  ℝ → ℝ,x↦2x
(d)
f :  ℝ → ℝ,x↦2−x
(e)
f :  ℝ → ℝ,x↦−2x
(f)
f :  ℝ → ℝ,x↦cos(x)
(g)
f :  ℝ → ℝ,x↦−|x|
(h)
f :  ℝ>1 → ℝ,x↦-x---
x+ 1
(i)
f :  ℝ>0 → ℝ,x↦x+-1-
 x

Dabei reichen kurze Begründungen deiner Resultate aus. Kannst du die Definitionsbereiche derer Funktionen, die nicht monoton sind, jeweils so einschränken, dass eine monotone Funktion entsteht?

2.
Denke dir selbst jeweils eine Funktion aus, die
(a)
... monoton fallend, aber nicht streng monoton fallend ist.
(b)
... streng monoton fallend und nicht nach unten beschränkt ist.
(c)
... streng monoton fallend und nach unten beschränkt ist.
(d)
... weder monoton wachsend, noch monoton fallend ist.
(e)
... sowohl monoton wachsend, als auch monoton fallend ist.
(f)
... sowohl nach unten, als auch nach oben beschränkt ist.
(g)
... streng monoton wachsend und weder nach unten, noch nach oben beschränkt ist.
(h)
... monoton fallend und nach unten beschränkt, aber nicht nach oben beschränkt ist.

Begründe jeweils deine Antwort.

3.
Es seien b ≥ 0 und a reelle Zahlen. Untersuche die Exponentialfunktion
f : ℝ → ℝ,x↦→  a⋅bx
in Abhängigkeit von a und b auf Monotonie und Beschränktheit. Dabei reichen kurze Begründungen deiner Resultate aus.