2.3.2 Am gleichen Tag Geburtstag?

Problem 1. Adrian fragt sich, wie wahrscheinlich es ist, dass mindestens zwei Personen in seiner Schulklasse den gleichen Geburtstag haben.

Konkretes Beispiel. In Adrians Klasse sind insgesamt 19 Schüler. Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass mindestens zwei davon den gleichen Geburtstag haben? Um die Überlegungen zu vereinfachen, bezieht er das Geburtsjahr nicht mit ein, vernachlässigt den 29. Februar und geht davon aus, dass alle 365 anderen Tage als Geburtstag gleich wahrscheinlich sind.

Lösung. Man gelangt relativ einfach an ein Ergebnis, indem man erst die Wahrscheinlichkeit des komplementären Ereignisses ermittelt. Dazu definieren wir:
  • Ereignis A = “Mindestens zwei der 19 Schüler haben am gleichen Tag Geburtstag.”
  • Ereignis B = “Alle 19 Schüler haben an unterschiedlichen Tagen Geburtstag.”

Dann gilt für die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis B eintritt:

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Daraus lässt sich nun recht einfach die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis A eintritt, berechnen.

P(A)= 1 − P (B )≈ 1− 0,62088 = 0,37912 = 37,912%
Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens zwei der 19 Schüler am gleichen Tag Geburtstag haben, beträgt also ungefähr 37,912%.

Problem 2. Adrian ist verblüfft von der hohen Wahrscheinlichkeit und fragt sich, wie viele Schüler wohl in einer Klasse sein müssen, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von ≥ 50% mindestens zwei der Schüler am gleichen Tag Geburtstag haben.

Lösung. Es sei n ∈ ℕ, mit 2 ≤ n ≤ 365, die Anzahl der Schüler in der betrachteten Klasse. Zunächst benennen wir wieder die relevanten Ereignisse.
  • Ereignis A = “Mindestens zwei der n Schüler haben am gleichen Tag Geburtstag.”
  • Ereignis B = “Alle n Schüler haben an unterschiedlichen Tagen Geburtstag.”

Mit denselben Vereinfachungen wie oben gilt für die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis B eintritt:

pict

Dementsprechend ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis A eintritt:

                    -----365!-----
P(A)= 1 − P (B )= 1− 365n⋅(365 − n)!
Wir können nun einfach ausprobieren, wann die Wahrscheinlichkeit 50% überschreitet. Wir geben gerundete Werte an.
  n   |   2       3      4      5      10     15
------|---------------------------------------------
 P(A) |0,274%  0,82%   1,63%   2,71%  11,7%   25,3%
  n   |  20     21     22      23      24     25
------|---------------------------------------------
 P(A) |41,1%  44,4%   47,6%   50,73%  53,8%   56,9%
Also müssen nur 23 Schüler in der Klasse sein, damit mit mindestens 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit mindestens zwei der Schüler am gleichen Tag Geburtstag haben. Weitere interessante (gerundete) Werte erhalten wir bei folgenden (hypothetischen) Schülerzahlen:
      |
   n  |  32     41      57       70
------|--------------------------------
 P(A )|75,3%   90,3%   99,01%  99,916%

Problem 3. „Das ist alles sehr erstaunlich”, denkt sich Adrian und überlegt, ob wenigstens die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus seiner Klasse am gleichen Tag Geburtstag hat wie er selbst, so gering ist wie er das vermuten würde. Zudem würde er auch hier gerne wissen, wie viele Schüler in einer Klasse sein müssen, damit die Wahrscheinlichkeit 50% übersteigt.

Lösung - Teil 1. Wir erinnern uns daran, dass in Adrians Klasse insgesamt 19 Schüler sind, und definieren wieder die beiden folgenden Ereignisse:
  • Ereignis A = “Mindestens einer von Adrians 18 Mitschülern hat am gleichen Tag Geburtstag wie er.”
  • Ereignis B = “Jeder seiner 18 Mitschüler hat an einem anderen Tag Geburtstag als er.”

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis B eintritt, ist

       ( 364)18
P (B )=   ----   ≈ 0,9518= 95,18%
         365
Damit ergibt sich:
P(A)= 1 − P(B)= 1− 0,9518 = 0,0482 = 4,82%

Lösung - Teil 2. Wir nehmen nun an, dass n ∈ ℕ, mit n ≥ 1, die Anzahl von Adrians Mitschülern ist. Zunächst benennen wir wieder die relevanten Ereignisse.
  • Ereignis A = “Mindestens einer seiner n Mitschüler hat am gleichen Tag Geburtstag wie er.”
  • Ereignis B = “Jeder seiner n Mitschüler hat an einem anderen Tag Geburtstag als er.”

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignis B eintritt, ist

      (    )n
P(B)=   364-
        365
Da auch hier
P(A)= 1 − P(B )
gilt, ist P(A) ≥ 50% genau dann, wenn P(B) ≤ 50%. Wir interessieren uns also für das kleinste n das
(    )n
  364-  ≤ 0,5
  365
erfüllt. Dies können wir natürlich wieder durch Ausprobieren lösen. Alternativ könnte man sich mit dem Taschenrechner den relevanten Logarithmus berechnen lassen. In jedem Fall kommt man zu dem Schluss, dass n ≥ 253 sein muss. In der Tat gilt (mit gerundeten Werten):
      |
   n  |  252     253
------|----------------
 P(A) |49,91%   50,05%
Also müssten in Adrians Klasse mindestens 253 weitere Schüler sein, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von ≥ 50% mindestens einer von ihnen am gleichen Tag wie Adrian Geburtstag hat.

Begründung. Adrian glaubt nun zu verstehen, wie diese Ergebnisse zu Stande kommen und warum sie sich so stark unterscheiden: Wenn man verlangt, dass mindestens zwei Personen am gleichen Tag Geburtstag haben, legt man weder die genauen Personen, noch das genaue Datum fest. Hier ist also viel Spielraum für günstige Kombinationen. Verlangt man hingegen, dass die Personen an einem bestimmten, vorher festgelegten Tag Geburtstag haben, so wird dieser Spielraum äußerst klein.

Um dies weiter zu verdeutlichen, überlegt sich Adrian zwei Extrembeispiele. Hat man 367 Leute in einem Raum, so kann es nicht sein, dass alle an verschiedenen Tagen Geburtstag haben, da es nur 365 (oder 366, wenn man den 29. Februar mit einbezieht) verschiedene Tage im Jahr gibt. Also haben auf jeden Fall mindestens zwei der 367 Personen am gleichen Tag Geburtstag. Legt man dagegen ein Datum fest, beispielsweise den 7. August, so kann es durchaus vorkommen, dass selbst unter 1 Million zufällig gewählten Personen, niemand an diesem Tag Geburtstag hat. Das ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber dennoch möglich.