Kapitel 2
Wofür braucht man das eigentlich? (Auszug)

Hinweis. In diesem Kapitel wollen wir dir einen Auszug aus unserem eBook “Wofür braucht man das eigentlich?” präsentieren. Wenn du Interesse am Rest des Buches hast, findest du die Vollversion in unserem Shop.

Jahrelang müssen Schüler an etwa 39 Wochen im Jahr montags bis freitags früh aufstehen und Stunde um Stunde in der Schule absitzen, nur um Dinge zu lernen, die sie später im Leben eh nie mehr brauchen. Reine Schikane!

Das ist zumindest das, was ein Großteil der Schüler denkt. Deswegen stellen sie häufig die Frage „Wofür braucht man das eigentlich?”. Interessanterweise wird diese Frage in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) erfahrungsgemäß häufiger gestellt als in anderen Fächern, obwohl gerade diese in fast allem zu finden sind, was es in unserer modernen Welt so gibt. Insbesondere gäbe es ohne Fortschritte in den Bereichen Informatik, Chemie, Physik und Mathematik keine der für uns heutzutage so selbstverständlichen Technik. Keine Computer, Smartphones oder Tablets. Auch kein Fernsehen, Radio oder Festnetztelefonie. In der Tat hätten wir nicht einmal den elektrischen Strom zur Verfügung, um solche Gegenstände überhaupt zu betreiben. Des Weiteren gäbe es keine modernen Fortbewegungsmittel wie Autos, Busse, Züge oder Flugzeuge.

Viele von euch werden sagen, dass ihr nicht wissen müsst, wie man diese Dinge herstellt und wie sie funktionieren. Ihr wollt sie ja schließlich nicht selbst bauen, sondern nur benutzen. Wozu sollte man also in die Schule gehen?

Das Problem ist, wenn jeder so denkt und deshalb niemand mehr in die Schule geht (oder allgemeiner, niemand mehr irgendetwas lernt), ist in nicht allzu langer Zeit niemand mehr übrig, der noch weiß, wie man die vorhandene Technik reparieren oder neue produzieren kann.

Darauf werdet ihr womöglich entgegnen, dass Menschen auch zurechtgekommen sind, bevor dieser ganze Schnickschnack erfunden wurde. Damit würdet ihr durchaus recht haben. Menschen wussten sich auch ohne Telekommunikation zu verständigen, haben ohne Internet Dinge gekauft und verkauft und sind ohne moderne Fortbewegungsmittel von A nach B gekommen. Aber mal ehrlich, wollt ihr euch tatsächlich von all diesem “Schnickschnack” verabschieden, nur damit ihr nicht in die Schule müsst? Vermutlich nicht.

Eine stichhaltige Kritik am derzeitigen Schulsystem wäre, dass, obwohl eine gewisse Allgemeinbildung durchaus von Nutzen ist, man doch einen Großteil des Schulstoffes im späteren persönlichen Alltag nicht mehr brauchen wird. In der Tat wird ein Bauer nicht wissen müssen, wann Rom “aus dem Ei schlüpfte”. Ein angehender Bankkaufmann wird in seinem Bewerbungsgespräch nicht gefragt werden, wie der Körper einer Biene aufgebaut ist. Dolmetschern kann es egal sein, aus welchen chemischen Elementen Wasser besteht. Dahingegen sollten sich Bauern aber mit Erdkunde, Bankkaufmänner mit Mathematik und Dolmetscher mit Sprachen auskennen.

Letztlich hängt es davon ab, was man später im Leben einmal macht, welcher Schulstoff einem nützlich sein wird und welcher nicht. Im Folgenden wollen wir anhand von Anwendungsbeispiele aufzeigen, wozu die in der Schule behandelte Mathematik auch im (mehr oder weniger) alltäglichen Leben gut sein kann. Dazu stellen wir uns den unterschiedlichen Problemen eines (fiktiven) siebzehnjährigen Jungen und seiner Familie: Adrian lebt zusammen mit seiner jüngeren Schwester Sarah und seinen Eltern, Ferdinand und Herta, in einem kleinen Vorort einer mittelgroßen Stadt.

Dabei behandeln wir 1:1 in den Alltag übertragbare Beispiele, wie etwa das Anpassen von Rezepten auf eine geänderte Anzahl von Gästen (siehe Abschnitt 2.1.1) oder das Berechnen der zum Streichen eines Zimmers benötigten Farbmenge (Abschnitt 2.2.1). Damit das Ganze nicht zu sehr in Unterricht ausartet, behandeln wir auch Beispiele, die weniger nützlich, dafür aber umso interessanter sind. Dazu gehört etwa das in Abschnitt 2.3.1 behandelte Problem, das oft als Ziegenproblem, Monty-Hall-Problem oder Drei-Türen-Problem bezeichnet wird. Es dient, wie auch das sogenannte Geburtstagsparadoxon (siehe Abschnitt 2.3.2), dazu aufzuzeigen, dass Wahrscheinlichkeiten intuitiv häufig falsch eingeschätzt werden.